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RNZ vom 18.4.02

http://www.gw.hd.bw.schule.de/aktuell/schulname/ottheinrich.html

Kurfürst Ottheinrich als Namenspatron

Im Jahr seines 125-jährigen Bestehens ist Wieslochs Gymnasium nicht länger namenlos

Wiesloch. (oé) In diesem Jahr feiert das Gymnasium Wiesloch sein 125-jähriges Bestehen. Was läge näher, als der Schule zu diesem Jubiläum endlich einen Namen zu geben. Lange hat die Suche nach einem geeigneten Patron gedauert. Am Mittwoch Abend nun hat das Verfahren seinen Abschluss gefunden. Wieslochs Gymnasium wird künftig den Namen des Pfälzer Kurfürsten Ottheinrich tragen, der am 10.April 2002 500 Jahre alt geworden wäre. Der Gemeinderat der Weinstadt stimmte dieser Namenswahl jetzt zu und folgte damit dem Wunsch der Schulkonferenz des Gymnasiums. Ganz unumstritten war die Entscheidung allerdings nicht. Das dokumentierten eine kontroverse Diskussion und elf Gemeinderäte, die sich den Heidelberger Renaissance-Herrscher partout nicht als Vorbild für die heutige Jugend vorstellen konnten.

Er war in der Tat eine schillernde Persönlichkeit, jener Ottheinrich, der nur drei Jahre lang (von 1556 bis zu seinem Tod 1559) über die Kurpfalz herrschte und zuvor als Pfalzgraf und Herzog in Neuburg an der Donau residiert hatte. In seinen drei Jahren als Kurfürst betrieb Ottheinrich mit Macht die Einführung der Reformation in der Kurpfalz, sorgte zusammen mit Philipp Melanchthon für die große Reform der Heidelberger Universität und ließ den berühmten Ottheinrichsbau des Heidelberger Schlosses errichten - nach Ansicht von Kennern das schönste Renaissance-Bauwerk nördlich der Alpen. Zugleich war er Kunstmäzen und leidenschaftlicher Sammler von Büchern und Handschriften. Nicht von ungefähr begründete er die berühmte "Bibliotheca Palatina" die sich seit dem Dreißigjährigen Krieg in Besitz des Vatikans befindet.

Ob der Heidelberger Kurfürst indes wirklich gebildet war, darüber streiten sich die Gelehrten.Während die einen ihn für den "gebildetsten Fürsten seiner Zeit" halten und als "ursprünglich geistigen Menschen, voll künstlerischen Sinnes und naturhaften Wissensdrang" rühmen, war er für die anderen "nicht eigentlich gebildet", weil er kein Latein konnte. Fromm scheint Ottheinrich gewesen zu sein, aber auch sehr verschwenderisch. 1544 hatte jedenfalls Schulden von einer Million Gulden angehäuft und war bankrott. Wie die meisten Standesgenossen seiner Zeit liebte er die Jagd, hatte Spaß an Ritterturnieren und an ausgiebigen Trinkgelagen. Die "Lust am Dasein" soll charakteristisch für ihn gewesen sein. Allerdings musste Ottheinerich diesem Lebensstil auch Tribut zollen: Er litt an Fettleibigkeit, Rheuma und Wassersucht und starb schon mit 57 Jahren.

Wie Eckhart Kamm, der Direktor des Gymnasiums, erzählt, hatten seine Schüler schon vor zwei Jahren endlich einen Namen für ihre Schule gefordert. Im einem internen Auswahlverfahren hatte die Schulgemeinschaft daraufhin drei Namen in die engere Wahl genommen: Bertha Benz, Albert Einstein und eben Ottheinrich. Während die Schülerschaft zunächst Bertha Benz als Namenspatronin bevorzugt hatte, entschied sich die Schulkonferenz als zuständiges Organ einer mehrstündigen Sitzung für Ottheinrich als Namensgeber. Dabei habe es in den 13-köpfigen Grenium (sechs Lehrer, je drei Schüler- und Elternvertreter sowie der Schulleiter) eine Mehrheit quer durch die einzelnen Gruppen für den Kurfürsten gegeben, so Eckhart Kamm. Auch wenn Ottheinrich selbst Wiesloch nie besucht hat, so sah man in ihm doch eine Persönlichkeit, die einen gewissen Bezug zur kurpfälzischen Amtsstadt hat. Obendrein forderte das Lebenswerk des Kurfürsten zu einer gewissen Identifizierung und zu einer produktiven Auseinandersetzung heraus, heißt es in der Begründung weiter.

Bei der Stadt, die als Schulträger gefragt war, scheint diese Namensauswahl indes nicht gleich auf Gegenliebe gestoßen sei. Im Kulturausschluss jedenfalls gab es Vorbehalte, weshalb man die Entscheidung noch einmal an die Schulgremien zurückverwies. Dort blieb es jedoch bei dem Votum für Ottheinrich. Schülermitverwaltung (SMV) und Schulkonferenz (zehn zu zwei Stimmen) seien sich darin einig gewesen, so der Direktor. Daraufhin empfahl auch der Kulturausschuss dem Gemeinderat die Zustimmung.

Dort regte sich jetzt jedocherneut Widerspruch. Susanne Merkel-Grau und Rosel Neumann (beide von den Grünen) fanden die Namenswahl wenig glücklich und brachten Alternativen ins Spiel: die vor kurzem verstorbene "Zeit"-Herausgeberin Marion Gräfin Dönhoff z.B. ;oder den aus Eichtersheim stammenden Revolutionär von 1848, Friedrich Hecker;schließlich den Komponisten Kurt Weill ("Dreigroschenoper"), dessen Mutter aus dem Raum Wiesloch stammte. Wie indes Eckhart erläuterten Vorschläge auch in den Schulgrämien diskutiert worden, hatten bei den Schülern aber keine Akzeptanz gefunden. Allerdings hatten die beiden Grünen - Stadträtinnen wie auch Karin Becker (Frauenliste) ohnehin eine Frau als Namenspatronin bevorzugt.

Nicht minder skeptisch zur Namenswahl äußerte sich Sonja Hut und Klaus Rothenhöfer von der SPD. Wobei Letzterer sein "Unbehagen" auch damit gründete, dass der Kurfürst zu Lebenszeiten schon mal eine Bürgermeister-Tochter entführte. Anders Doris Weis (CDU) und Gustav Remy (Freie Wähler), die dafür plädierten, die Namenswahl der Schule zu respektieren und keinen anderen Namen "aufzustülpen" (Doris Weis). Reinhold Weisbrot (SPD) sah es ähnlich, während Eugen Wickenhäuser (WGF) die Wahl der Schule zwar gleichfalls akzeptierte, darin aber auch ein "Geschmäckle" fand, weil letztlich "steuerbare Gramien" entschieden hätten. Am Ende bestätigte aber eine deutliche Mehrheit von 18 zu 12 Stimmen das Votum der Schule, sodass bei einem Festakt am 15. Oktober die offizielle Namensgebung stattfinden kann.