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Streiterinnen für die Belange der Frauen

Wieslochs Frauenliste will auch im neuen Gemeinderat wieder vertreten sein

  • Agenda als Schwerpunkt

Wiesloch. (oé) Für Karin Becker war die Rolle als "Einzelkämpferin" nicht immer leicht. Sie war in den vergangenen fünf Jahren die einzige Stadträtin der "Frauenliste" in Wieslochs Gemeinderat und hat ihrer eigenen Einschätzung nach "als Minderheit eine Mehrheit vertreten". Dass sie dafür auch "oft Prügel bekam", hat sie ihren eigenen Worten zufolge aber eher angespornt, "noch kräftiger am Ball zu bleiben". Karin Becker hofft nun, dass die Frauenliste einen Platz im Gemeinderat hinzugewinnen kann. "Wir wollen uns verbessern", sagt sie, weiß aber auch, dass dies angesichts der "anstehenden Konkurrenz schwierig wird". So bleibt es "Minimalziel" der Frauenliste, wie bei der ersten Kandidatur vor fünf Jahren wenigstens einen Ratssitz zu erobern.

Als Ausgangspunkt und Schwerpunkt ihrer Gemeinderatsarbeit nennt Karin Becker den Prozess der "Lokalen Agenda" - jener Aufruf des Umweltgipfels von 1992 in Rio, dass in allen Bereichen eine nachhaltige Politik notwendig sei. Ein eigenes Kapitel ist dabei Karin Becker zufolge auch Frauen gewidmet worden, deren Belange als Querschnittsaufgabe in allen Beschlüssen verankert werden sollten. In diesem Sinne für Gleichberechtigung zu sorgen und bestehende Nachteile für Frauen zu beseitigen, war von Anfang an Ziel der Frauenliste, die 1999 aus dem Frauenforum hervorgegangen ist.

Inzwischen sieht die Stadträtin der Frauenliste manches erreicht - etwa in dem Bestreben, den Frauen im Rathaus mehr Gewicht zu verleihen. Einer ihrer ersten Anträge sei die Forderung nach einer Frauenbeauftragten gewesen, so Karin Becker in ihrem Resümee. Dass diese Gleichstellungsstelle inzwischen von Wieslochs Erster Bürgermeisterin Ursula Hänsch betreut wird, wertet die Stadträtin der Frauenliste auch als Erfolg der eigenen Arbeit, wenngleich es nicht gelungen sei, eine zusätzliche Kraft für diese Aufgabe einzustellen. "Das haben die finanziellen Mittel nicht hergegeben", so Karin Becker. Eine andere Frucht ihrer Arbeit sieht die Stadträtin in einer Sprachregelung für alle kommunalen Veröffentlichungen, die die weibliche Sprachform berücksichtigt, damit auch Frauen "der Schrift und Rede wert sind und nicht nur Werbung für den Mann gemacht wird", wie Karin Becker erklärt.

Die Stadträtin verweist zudem auf ihre Mitwirkung bei vielen Aspekten der Agenda-Arbeit etwa im Mobilfunk-Arbeitskreis oder im Anti-Gewalt-Forum. Dass Wiesloch "als eine der ersten Städte" den Platzverweis bei häuslicher Gewalt praktiziert, freut die Frauenrechtlerin ebenso wie der Aufbau eines "Kriseninterventions-Teams", das speziell bei häuslicher Gewalt tätig werden und sämtliche Stellen vereinigen soll, die mit dieser Problematik befasst sind.

Bei allen Fortschritten sieht die Stadträtin inzwischen aber auch eine Tendenz, dass der Beteiligung der Öffentlichkeit hapert es in den Augen der Frauenliste-Vertreterin. Und sie beklagt auch, dass das über 300 Punkte umfassende Leitbild für eine nachhaltige Entwicklung Wieslochs in den einzelnen Fachbereichen des Rathauses immer weniger beachtet werde. Deshalb ist es eines ihrer vorrangigsten Ziele, diese Agenda-Arbeit wieder mit Leben zu erfüllen. "Die Bevölkerung muss wieder mehr mitmachen, damit die Politik eine andere wird", fordert Karin Becker.

Ansatzpunkte für eine "andere Politik" sieht Karin Becker in vielen Bereichen. Kein Verständnis hat sie etwa dafür, dass die Stadt inzwischen mit der Bearbeitung von Wohngeldanträgen ein halbes Jahr in Verzug ist. Die Menschen seien auf dieses Geld angewiesen, deshalb müssten in der Verwaltung Prioritäten gesetzt werden. Notfalls indem man Personal vom elektronischen Grundbuch abziehe und der Wohngeldstelle zuweise. Neue Armut fürchtet die Frauenliste-Stadträtin auch von der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe im Zuge der Hartz-IV-Reform. Dies zum Nachteil vor allem der Frauen, die damit wieder in stärkere Abhängigkeit von den Männern gerieten. Von der Zusatzbelastung für die städtischen Kassen ganz zu schweigen. Karin Becker sieht deshalb den OB, die Verwaltungsspitze und auch die Kreisräte in der Pflicht, sich gegen die Umsetzung dieser Reform zu wehren.

Generell fordert die Frauenliste-Stadträtin mehr Transparenz und Öffentlichkeit. So ist es ihr ein Dorn im Auge, dass sie als Gemeinderätin von den Beiratssitzungen der Palatin GmbH ausgeschlossen ist (dorthin dürften nur die vier großen Ratsfraktionen je einen Vertreter entsenden). Dies sei so, weil das Palatin dem Gesellschaftsrecht unterliege. Ähnliches sei auch bei weiteren Privatisierungen der Stadt zu befürchten. Deshalb wendet sie sich entschieden gegen eine Ausgliederung städtischer Pflichtaufgaben. Diese dürften dem Gemeinderat nicht entzogen werden, meint Karin Becker. Die Stadträtin ist sich sicher: "Nur mehr Information lässt die Bevölkerung auch mitarbeiten." Deshalb sollten ihrer Meinung nach die ausführlichen Wortprotokolle der Gemeinderatssitzungen auch im Internet auf der städtischen Homepage für die Allgemeinheit zugänglich gemacht werden. "Mehr Demokratie" - sprich: "ein Bürgerentscheid" - wäre ihrer Ansicht nach auch ein "fairer Ausweg", der aus der "selbst gestellten Falle" Äußere Helde herausführen könnte.

Weiter unterstützen will die Stadträtin der Frauenliste auch künftig den bereits eingeschlagenen Weg Wieslochs zu einer "selbstverständlichen Integration", sie plädiert für die Umsetzung des Sicherheits-Leitbilds der Stadt (zu dem auch die Sauberkeit gehört) und tritt für die Einrichtung eines stationären Hospizes ein, eventuell in Verbindung mit einem >geplanten Pflegeheim.