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Leserinnenbrief zum RNZ- Artikel
"Ist das der Ausstieg aus dem Ausstieg?" vom 22.12.2006

Utz Claasen vergisst das Risikofenster

Der Elektroschocker Utz Claassen, Chef des Karlsruher Energieversorgers EnBW, verlangt bezüglich der beantragten Laufzeitverlängerung für Neckarwestheim I einen „modernen Atomkonsens, bei dem ein Zeitfenster, ein Geldfenster und ein Forschungs- und Entwicklungsfenster geöffnet werde müsse“. Das wichtigste Fenster hat Claassen natürlich nicht erwähnt: das Risikofenster.

Seit den 70er Jahren wird nach einem „bestmöglichen“ Endlager für radioaktiven Abfall gesucht. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat kürzlich festgestellt, dass es nach dem Atomgesetz nicht darum gehe, einen „bestmöglichen“ Standort zu finden, sondern vielmehr einen sicheren! Da die Erde nicht statisch ist, sondern einer ständigen Veränderung unterworfen ist, dürfte dies das bisher schwierigste Problem sein, das die Politik zu lösen versucht. Geht es doch hier um einen Standort, der ca. 1 Million Jahre lang Sicherheit bieten soll.

Das bundesweit zweitälteste AKW Neckarwestheim ist außerdem nicht gegen den Absturz eines Verkehrsflugzeuges ausgelegt, sollte deshalb eigentlich aus Vernunfts- und Sicherheitsgründen so schnell wie möglich vom Netz genommen werden.

Wenn Utz Claassen, der einstige Eliteschüler, eine Verlängerung der Laufzeiten fordert, sollte er sich aber auch noch an folgende Zusammenhänge erinnern: Nur weil die Betreiber der Atomanlagen im Atomausstiegskompromiss einer Begrenzung zugestimmt haben, hat die Bundesregierung ihrerseits auf drei Forderungen verzichtet, die damals eigentlich in Gesetzesform gegossen werden sollten:

  1. die sicherheitstechnische Nachrüstung der alten Meiler,
  2. die risikogerechte Haftpflichtversicherung aller Atomkraftwerke und
  3. die Versteuerung der Zinsen aus den Rückstellungen für die Entsorgung.

Die Verlängerung der Atomkraftwerkslaufzeiten ist außerdem keine nachhaltige Lösung. Laufzeitverlängerungen schieben die dringend erforderliche Umstellung der Energieversorgung nur noch weiter hinaus. Eine nachhaltige Lösung kann nur die Nutzung der heimischen Erneuerbaren Energien und die Verminderung des Energiebedarfs durch Erhöhung der Energieeffizienz bringen.

Übrigens sind Atomenergie und Atomwaffen siamesische Zwillinge. Atomkraftwerke können den Weg zur Bombe ebnen. Die 20 Jahre alte Atomruine in Tschernobyl ist so etwas wie eine tickende Bombe, die momentan noch niemand auf der Welt entschärften kann.

Karin Becker, Gemeinderätin der Frauenliste Wiesloch