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29.12.2006

Leserinnenbrief auf den Artikel Familienbündis in der Wieslocher Woche

Verfassungsbeschwerde gegen Elterngeld ist vorprogrammiert

Frauenliste fordert steuer- und sozialversicherungspflichtiges Erziehungsgehalt

Familienpolitik ist momentan in aller Munde. Jetzt erst merken alle, wie der deutsche Staat Eltern mit Kindern teilweise grob vernachlässigt.

Noch bevor das neue Elterngeld zum Zuge kommt, machen Eltern jetzt schon teilweise dagegen mobil. Gerade Gutverdienende sehen sich vom angekündigten „Geldsegen“ ausgeschlossen, wenn ihr Kind vor dem 1. Januar 2007 geboren wird. Deshalb wollen einige Eltern vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Diese Klage dürfte allerdings wenig erfolgreich sein, da die Karlsruher RichterInnen die Rechtmäßigkeit von Stichtagsregelungen bereits bestätigt haben.

Viel erfolgreicher dürften jedoch Verfassungsbeschwerden sein, welche die staatliche Privilegierung von gutsituierten Doppelverdiener-Paaren anprangern. „Es darf doch nicht sein, dass dem Staat die Erziehung, die die Chefärztin ihrem Kind angedeihen lässt, mehr wert ist als die Erziehung, die eine Medizinstudentin leistet“, moniert die Gemeinderätin der Frauenliste, Karin Becker. Sie ist wie der Darmstädter Sozialrichter Jürgen Borchert der Meinung, dass das neue Elterngeld ausdrücklich das familienpolitische Leitbild der Doppelverdiener-Ehe verfestige. Dies sei ein klarer Bruch der Verfassung, die dem Staat verbietet, Eltern irgendein politisch genehmes Idealbild vorzugeben.

Nach Ansicht von Gemeinderätin Becker wäre ein einkommensteuer- und sozialversicherungspflichtiges Erziehungsgehalt an alle Mütter die gerechteste Behandlung für die verantwortlich zu erfüllende Aufgabe der Erziehung eines oder mehrerer Kinder, vor allem im Vorschulalter. Mit diesem Erziehungsgehalt könnten dann die Mütter frei wählen, ob sie dieses Geld für Kindergrippe, Tagesmutter oder Kindertagesstätten ausgeben oder ob sie ihr Kind selbst erziehen möchten, wie es ja auch im Grundgesetz in Artikel 6 Absatz 2 steht: Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Außerdem steht in diesem Artikel unter Absatz 4 noch, dass jede Mutter Anspruch auf Schutz und Fürsorge der Gemeinschaft hat.

„Betrachten wir die Zahlen der ständig wachsenden Kinderarmut – und hinter Kinderarmut steht ja immer auch noch arme Mütter und sehr oft auch arme Väter – so kann ich den Familienverbänden und auch einigen Parteien, die schon seit langem ein steuer- und sozialversicherungspflichtiges Erziehungsgehalt fordern, nur beistimmen,“ erklärt Karin Becker. Dass es bezahlbar ist, wurde bereits im Jahr 1998 durch das Gutachten „Erziehungsgehalt 2000“ bestätigt.