Presse

schließen


Rhein-Neckar-Zeitung vom 6.11.2009

Rat stimmt Enteignungsantrag zu

Das Wohngebiet 'Äußere Helde' Foto: Pfeifer

Das Wohngebiet "Äußere Helde" bleibt ein Problemfall der Wieslocher Kommunalpolitik. Jetzt hat der Gemeinderat dem Enteignungsantrag nachträglich zugestimmt. Foto: Pfeifer

Wiesloch. (oé) Es war, wie immer bei der "Äußeren Helde", eine knappe Entscheidung: Mit 18 zu 16 Stimmen votierte der Gemeinderat am Mittwochabend in namentlicher Abstimmung für die Enteignung jener Grundeigentümer in der "Äußeren Helde", die ihre Grundstücke nicht zu den in der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme vorgegebenen Bedingungen an die Stadt beziehungsweise den Entwicklungsträger veräußern wollen. Damit sanktionierte der Gemeinderat nun nachträglich einen Enteignungsantrag, den OB Franz Schaidhammer im April 2008 beim Regierungspräsidium gestellt hatte.

Der jetzige Beschluss war notwendig geworden, weil das (von den Eigentümern angerufene) Landgericht Karlsruhe in dem Vorgehen der Verwaltung einen Formfehler erkannt hat. Nach Ansicht des Gerichts hätte der Enteignungsantrag nicht - wie geschehen - ohne vorherigen Beschluss des Gemeinderats erfolgen dürfen. Mit dem jetzigen Ratsbeschluss soll dieser Verfahrensfehler nun "geheilt" werden, bevor das Gericht am 18. Dezember zu seiner mündlichen Verhandlung zusammentritt.

Das Thema war bereits in der Gemeinderatssitzung vom 30. September Gegenstand intensiver Beratungen. Damals vertagte der Gemeinderat eine Entscheidung nach mehrstündiger Debatte. Ganz anders diesmal: Schon nach gut zwanzig Minuten war die Sitzung zu Ende. OB Franz Schaidhammer hatte den einzigen Tagesordnungspunkt aufgerufen und dem Gremium vorgeschlagen, ohne weitere Aussprache sofort zu entscheiden, da das Thema am 30. September bereits "genügend diskutiert" worden sei.

Dem widersprach allerdings Grünen-Stadtrat Dr. Gerhard Veits. Er nannte das Vorgehen der Stadtverwaltung""obskur" und erinnerte daran, dass man die Sitzung vom 30. September nicht ohne die "große Hoffnung" vertagt habe, im Konflikt um die Äußere Helde doch noch eine einvernehmliche Lösung zu finden. Und zwar dergestalt, dass man den bereits begonnenen Bauabschnitt eins der Äußeren Helde realisiere, auf die Abschnitte zwei und drei aber verzichte. Seither seien sechs Wochen vergangen. Es habe ein Treffen stattgefunden, um eine gemeinsame Erklärung zu formulieren. Danach sei "lange Stille" eingekehrt, gefolgt von einem "Blitzgewitter" an E-Mails am vergangenen Montag. Das Ergebnis sei eine "große Null". Es gebe weder eine öffentliche Erklärung noch "etwas Schriftliches", machte Veits aus der Enttäuschung seiner Fraktion keinen Hehl und sah auf der Gegenseite "kein nennenswertes Entgegenkommen".

Als Grund nannte er "prozesstaktische Einwände". Er spielte damit auf Befürchtungen an, wie sie Stadträte der CDU und Freien Wähler, aber auch die Verwaltung bereits am 30. September hatten anklingen lassen: dass nämlich jedes Abrücken von der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme "Äußere Helde" die Position der Stadt vor Gericht schwächen könnte. Veits wertete dies jedoch als "unglaubliche Paranoia", zumal es sich ja um "nichts Neues" mehr handle. Er schloss mit der Erklärung, dass seine Fraktion eine nachträgliche Zustimmung zur Enteignung als "schweren Eingriff in ein persönliches Grundrecht" einmütig ablehne.

Außer Veits meldete sich lediglich Stadträtin Karin Becker (Frauenliste) zu Wort, indem sie erklärte, dass sie sich keinen Maulkorb verpassen lassen wolle. Anschließend schritt der Gemeinderat zur namentlichen Abstimmung, bei der die Stadträte von Grünen und SPD sowie Kurt Wagner (CDU) und Karin Becker (Frauenliste) gegen den Enteignungsantrag votierten, während alle anderen Stadträte und der OB dafür waren. Damit habe der Gemeinderat von der Stadt großen Schaden abgewendet, so das Fazit des Oberbürgermeisters.